Wie der weiße Wahnsinn die Straßen erobert, oder
Der große, missverstandene Freiheitsanspruch auf Rädern
Wie Kenco grad geschrieben hat, und vergleichbares geschieht überall, wo sich "Gleichgesinnte" zusammenrotten.
Weil das "gleichgesinnt" eben von außen her gesehen (also von der Wagenhaut her) nicht so unbedingt differenzierbar ist.
Ich möchte damit auch keine Lanze gegen die Einmal-Urlaub-mit-dem-Wohnmobil Mietfahrzeug-Versucher brechen, denn sehr viele von denen sitzen heute bereits im eigenen [Styrodur-]Kasten.
Doch, so wie auch schon hier nicht immer die rechte Umgangsform mit der [virtuellen] Umwelt gelebt wird, passiert dies - aus fehlender Empathie zur Umgebung/Umwelt - leider viel zu häufig eben auch draußen im realen Leben: der Besitz solch einer Schrankwand (Farbe egal) rechtfertigt eben noch lange nicht das Überziehen der in Werbeprospekten versprochenen Freiheit[en] bis hinein in den Lebensraum anwohnender Mitlebewesen. Und damit meine ich eben nicht nur Menschen als Anwohner sondern auch Tiere.
Dieses "Spiel" mit der "Rechtsgrundlage" durch eingekaufte (oder auch gemieteter) Freiheit scheint vielen Menschen sehr eigen zu sein. Leider, ZU LEIDER selbst schon viel zu häufig erlebt:
- Jugendlicher hat endlich seine erste Crossmaschine und "pflügt" damit über Kinderspielplatz und angrenzende Parkhügeleien: "ja wo soll ich den sonst hier Crossfahren üben"
- Erwachsener regt sich auf, dass ihm Fahrradfahrer "seine" Kurvenlinie für's Motorrad "zustellen".
- Untrainierte Möchtegernrennfahrer, gerne auf zwei Rädern, genießen den Drift in die gegenüberliegende Leitplanke, Gefährdung Anderer hierbei egal, nur der eigene Adrenalinspiegel zählt.
# "heute" ist dort an freien Tagen die Strecke für Motorräder gesperrt (oder auf genussunerträgliche 50km/h gedrosselt), in Odenwald, Sauerland und anderen Freizeitregionen ist so bereits ein schöner Schilderwald entstanden.
Stellplatzführer sind "IN".
Wir hatten uns vor Jahren mal solch ein Exemplar für die Vogesen besorgt, das Ergebnis war gruselig:
- wunderschöner kleiner Stellplatz vor einem ortsabgelegenen Friedhof, durchaus NOCH nicht überlaufen. Am Folgemorgen, wir waren mal wieder "die Letzten", sehe ich entsorgte Haushaltsmülltüten in der dortig vorgestellten Komposthorde. Im Folgejahr existierte dort bereits die oben angeführte Sperrschranke.
- als Stellplatz empfohlender kleiner Marktplatz eines idyllischen Dörfchens: Polizei versuchte die dort einbrechenden Wohnschiffe von ihrem "Stellplatzgebrauchsrecht" abzuhalten. Als Anwohner würde ich glatt versucht sein, den ganzen Ort mit maßbegrenzenden Stadtmauertoren vor solch einer Invasion bewahren zu wollen.
- wunderschön abgelegener Stellplatz in freier Natur: Ich bin da erst einmal mit einem blauen Sack rumgelaufen, die Überreste gelebter Freiheiten aufzusammeln. Für mich und für die Tiere des Waldes dort, die sich per solchem Unrat mangels barcodelesefähiger Augen glatt qualvoll ums Leben bringen könnten.
- die eigenen lärmenden Kinder (wer vergönnt es ihnen wohl nicht!??) um "Freiheitsfahrzeuge" in Hörnähe ruheliebender Seitenstraßenanlieger bislang ruhig gelegener Freizeitgebiete bringt an WEs selbst hartgesottene Feriengasthausbesitzer auf die Palme. Das antiauthoritäre Nichteingreifen der Eltern dient ja letztendlich doch nur der eigenen Freiheit, sich "endlich auch mal" erholen zu wollen.
- STELL-Plätze missverstanden. Wird natürlich schon keiner etwas sagen, wenn ich da bei Sonnenschein mal den Tisch vor die Freiheitszelle stelle. Doch "man trifft sich" gerne auch mal mit "Gleichgesinnten", Bier fließt, es wird bis spät in die Nacht geplaudert. Und wer das kennt, der weiß, dass mit zunehmendem Flaschenleergut auch die Stimmung und damit die Lautstärke unbemerkt ansteigt. So unbemerkt, dass es Anwohnern in den Fingern jückt, im Folgejahr von solchen Campingsessions verschont bleiben zu wollen. Schranke ist angesagt. Ein Stellplatz ist eben kein Campingplatz, die Grenze zieht jeder selbst, oder die Schranke für ihn.
....worüber rege ich mich eigentlich auf? Wo "wir" doch selbst alles dazu tun, uns die Freiheit auf Rädern beschneiden zu lassen?
Wenn "wir" uns hier (und das wären ja nunmal schon nicht wenige Vorbilder) im Einklang mit Anwohnern und Natur (auch Rehe haben Anspruch auf ungestörte Freiheiten) verhalten,
vielleicht auch mal den Mund aufmachten ("warten Sie, Sie haben da grad etwas verloren"),
dann könnten "wir", mit einem Plus an Empathie für die Freiheit Anderer,
vielleicht ja noch diese oder jene Schrankenaufstellung ein wenig verzögern, damit wir noch so manches Jahr UNSERE Freiheit verantwortlich genießen können.
Das ist zugleich auch ein Appell an die Fahrzeug-Vermieter, ihren zahlenden Gästen nicht nur eine Einweisung in den reinen Fahrzeuggebrauch zu geben, sondern auch in den Umgang mit solch einer Freiheit-auf-Rädern.
*Gutes Thema - vielleicht führt es ja bei diesem oder jenem sogar zu einem kleinen Erwachen*